Meine Kindheit und Jugend verbrachte ich an der Ostsee in der früheren DDR. Aus der siedelte ich 1988 als Erwachsene, ein Jahr vor dem Mauerfall, in den Westen über, mit im Gepäck die Erinnerung an Überwachung und Eingrenzung. Manche meiner Bilder nehmen direkt Bezug auf diese Vergangenheit, wie in der Serie „Schrecklich schöne Kindheit“ (2009), allerdings auch mit positiven Aspekten. Dabei liegt mir Erinnerungsexhibitionismus fern. Ich möchte nicht werten, anklagen, nichts vorwerfen, weder mahnen noch psychologisieren, auch keine Geschichte in Form von Geschehensabfolgen erzählen, sondern diesen einen Moment festhalten, so dass sich die Betrachter ihren eigenen Erinnerungen überlassen können.
Die Erinnerungsthematik nimmt in Philosophie und Psychologie einen großen Raum ein und hat seit Jahrhunderten hohen Rang in der Wissenschaft, aber eben auch in Literatur, Politik und Kunst. Hier, in meinen vor allem frühen Menschenbildern, wird Erinnerung und Erfahrung thematisch verarbeitet – und mit Momenten aus dem heutigen Leben in ein Verhältnis gesetzt. Erinnerung wird dabei mit all seinen Aspekten und Facetten gezeigt. Gleichzeitig wird die Erinnerung verändert, verwischt, überlagert, übertragen – so wie es eben tatsächlich mit Erinnerungen ist.
Dabei gibt es auch komische, humorvolle, ironische Anspielungen, denn Humor ist für mich eines der wirkungsvollsten Mittel, den Betrachter trotz schwieriger Inhalte für ein Thema zu öffnen. Ein bisschen wird auch der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten, indem ich Typen zeige und Rollen vertausche wie in „No Body is perfect“ (2007).
Mich interessieren aber auch heutige Erlebnisse, Erfahrungen und Momente, die wir alle kennen – diese eingefrorenen Augenblicke, die etwas Typisches transportieren wie in meinen stark fotobasierten Serien „Straßenszenen“ (2021) und „Die Verwandlung des Sitzens“ (2022), wobei das Handy sowohl Protagonist als auch Fotogeber ist. Durch die Corona-Zeit hat sich mein Blick verändert. Zunächst noch humorvoll, beginnt er, sich abzukühlen und sich für Details zu schärfen. Angesichts der hochgeschaukelten und gefühlten „Wahrheiten“ wollte ich mehr Versachlichung und Präzision. Zwangsläufig geht dabei Expression verloren. Wie es weiter geht, ist offen.
Petra Seibert | ||
1959 | geboren in Wismar | |
1984 - 1988 | Diplomdesignerin in Leipzig, Gestaltungen am Hbf Leipzig | |
seit 1988 | lebt und arbeitet sie in Stuttgart | |
Künstlerische Ausbildung: | ||
1981 - 1984 | Fachhochschule für angewandte Kunst in Heiligendamm, Diplom Designer (FH) | |
1991 - 1993 | Teilnahme an Seminaren der International Colour Academy in Bretzfeld und Salzburg in Farbpsychologie | |
seit 1997 | Intensive Beschäftigung mit Malerei und Plastik - Quereinstieg Eigenständiges Studium über Kurse und Seminaren der Europäischen Kunstakademie in Trier, der Reichenhaller Akademie, der Kießlegger Kunstwoche... |
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1998 | Jahreslehrgang Bildende Kunst an der VHS Stuttgart in den Bereichen Grafik, Malerei und Druck | |
seit 2003 | Verschiedene Ausstellungen in Süd- und Norddeutschland | |
seit 2004 | Eigene Kurstätigkeit in Freier Malerei und keramischer Plastik | |
seit 2005 | Freischaffende Künstlerin - Malerei, Plastik, Kurse | |
2005 | Aufnahme im Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler BBK/VBKW | |
2007 | Eintritt in Ligne et couleur | |
Teilnahme an der 2. Baden-Württembergische Künstlermesse in Stuttgart | ||
Teilnahme an der 17. Kunstmesse im Frauenmuseum in Bonn | ||
Neues Atelier in der Schwarenbergstr. 83, Stuttgart-Ost bezogen | ||
2008 | Weiterbildung an der Akademie Steinfeld
„Wahrnehmung und Gestaltung” an der Kunstakademie Reichenhall „Konzept und Wirkung”, bei den Internationalen Keramikwochen in Höfingen „Niedrigsalzbrand” |
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2009 | Teilnahme an der Vaihinger Art zu Gunsten krebskranker Kinder | |
2010 | Herausgabe des Künstlerkatalogs "Menschenbilder" Auflage 1.500 Stück
Bewusster Austritt aus dem VBKW und Lignet et Couleur |
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2011 | Mitglied im Kunstverein Feuerbach
Teilnahme an der Jurierten Ausstellung "Internationaler Lucas Cranach Preis" in Kronach Zeichnerische und malerische Studien in St Peter Ording |
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2012 | Arbeitsaufenthalt in Berlin Wedding - die Serie "Berlin Wedding Walls" und das 1. Reportagebuch entstehen | |
2013 | Teilnahme am Symposion „Zeichnen als Erkenntnis“ an der Akademie der Bildenden Künste München
Arbeitsaufenthalt in Berlin Wedding - Small Paintings inspired by T-Shirts |
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2014 | Entwicklung eines dreiteiligen Wahrnehmungsmodells, Beginn des Buches „Logos, Auge, Leib” (Arbeitstitel) | |
2015 | Arbeitsaufenthalt in Berlin Wedding - die Serie „Es werde Mensch” entsteht | |
2019 | Vortrag beim Symposion „Die Macht der Atmosphären” der Gesellschaft für Neue Phänomenologie in Rostock | |
2020 | Das Sachbuch „Logos-Auge-Leib Das neue Wahrnehmungsmodell für künstlerisches Gestalten” erscheint beim Ihleo-Verlag, Husum | |
„Die Macht der Atmosphären” Neue Phänomenologie Band 31, Verlag Karl Alber erscheint mit meinem Beitrag
vom Symposion Wie kommt die Atmosphäre in die Atmosphäre? Umstellung auf Onlinekurse mit Videokonferenz, Online-Kunst-Coaching, Hygienekonzept für Präsenzkurse im Atelier, neue Gruppenangebote zur Teambildung bei Firmen und Weiterbildung für Kunstvereine |
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2021 | Lehrauftrag an der DHBW Ravensburg / Studiengang Mediendesign | |
2022 | Lehrauftrag an der Freien Kunstakademie Gerlinden / Wahrnehmungsworkshops | |